Prof. Dr. Rita Süssmuth

Liebe Frauen und engagierte Unterstützer, liebe Kinder und Familien,

 

wenn man einen Samen setzt, soll er im Idealfall keimen, treiben und Blüten tragen. Wichtiger ist aber, dass ein Keimling Wurzeln schlägt. Ebenso ist es mit Ideen.

 

Vor 25 Jahren bewegte die Änderung des § 218, des so genannten Abtreibungsparagraphen, die Gemüter. Meine Überzeugung war es, dass Mütter in schwierigen Lebenssituationen die Möglichkeit haben sollten, „Ja“ zu ihrem Kind zu sagen. Zu meiner Freude ließen sich Frauen begeistern und gründeten vielerorts Vereine, um Schwangere in Ausnahmesituationen mit Sachleistungen, Geldmitteln und Rat zu unterstützen. In den 90er Jahren standen diese Vereine – im übertragenen Sinn – in voller Blüte. Bedauerlicherweise bestehen die meisten Kreise heute nicht mehr.

 

In Jülich haben die ehrenamtlich agierenden Frauen im Verein „Kleine Hände“ hingegen die einst zarte Pflanze gehegt und gepflegt. Seit 1988 stellen deren Mitglieder sich der Verantwortung für „Kinder, Mütter und Väter in Notlagen“ und tragen so mit ihrem unermüdlichen Einsatz dazu bei, deren Not zu lindern. Dem Verein konnte das nur gelingen, weil er sich den ständigen Veränderungen gestellt hat und im sozialen und bürgerschaftlichen Netzwerk der Region eingebunden ist.

 

Durch die sich rasant wandelnde Gesellschaft in den vergangenen 25 Jahren haben sich dabei auch stets die Anforderungen an die „Kleinen Hände“ verändert. Ungewollte Schwangerschaften sind nicht mehr mit dem Stigma behaftet wie noch vor einem viertel Jahrhundert. Im Fokus stehen heute dagegen Kinder und deren Familie, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden und mit dem Stigma der Bedürftigkeit behaftet sind.

In unserer Konkurrenz- und Konsumgesellschaft ist das „Nicht-dazu-gehören“ ein belastender Zustand. Sowohl für die Kinder, die ausgegrenzt und „abgehängt“ werden, wie auch für deren Eltern, die sich oft schämen, weil sie ihren Kindern keine anderen Möglichkeiten und Perspektiven bieten können.

Diesen Familien und Kindern nicht nur Kleidung und Geld zu geben, sondern auch Respekt, Aufmerksamkeit und Anteilnahme ist das Ziel der „Kleinen Hände“ in der Gegenwart.

Darüberhinaus sieht sich unsere Gesellschaft mit weiteren Trends konfrontiert, die nicht nur die Politik zum Handeln, sondern auch die Zivilgesellschaft zu mehr Engagement auffordern. Zum Einen steigt die Zahl an Kindern, die bei nur einem Elternteil aufwachsen, stetig an. Die Anzahl der alleinerziehenden Mütter und Väter ist von 1996 bis zum Jahr 2010 von 1,3 Mio. auf 1,6 Mio. angestiegen. Das entspricht inzwischen gut 20 %, die Tendenz ist steigend. Zum Anderen ist auch der Zustrom von Familien aus Krisengebieten in den letzten Jahren stark angestiegen, wodurch abermals der soziale Druck gestiegen ist.

 

Diese mannigfaltigen gesellschaftlichen Herausforderungen und sich verändernden Lebensrealitäten der Menschen offenbaren sich stets zuerst und in größtem Maße auf der kommunalen und regionalen Ebene.

 

Klar ist: Die Politik ist nicht in der Lage, diese Herausforderungen alleine zu bewältigen. Ehrenamtliches Engagement und bürgerschaftlicher Einsatz auf kommunaler Ebene wie das der „Kleinen Händen“, getragen von Werten wie Mitmenschlichkeit, Respekt und Nächstenliebe, war die letzten 25 Jahre ein unabdingbarer Bestandteil unserer Gesellschaft und wird es auch in Zukunft in noch stärkerem Maße sein.

 

In diesem Sinne wünsche ich allen Frauen und engagierten Unterstützern der „Kleinen Hände“, den betroffenen Kindern, Müttern und Vätern ein schöne und erfolgreiche Jubiläumsveranstaltung und ein fröhliches Miteinander.

 

Sie können mit Stolz auf die Leistung der vergangenen 25 Jahre zurückblicken und mit Mut und Zuversicht den Herausforderungen der Zukunft begegnen.

 

Herzlichst

Ihre 

Rita Süssmuth

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